Hüttenzauber

Die erste mehrtägige Wanderung in Patagonien führt mich auf einen der Berge um El Bolsón. Sämtliche Lokals waren von meinem Vorhaben überrascht, weil der Berg hier eher stiefmütterlich behandelt wird. Und extrem anstrengend ist.

Die Wanderung startet noch leicht, führt über einen großen Fluss und gemächlich in den Wald hinein. Dort geht es aber direkt steil weiter, was sich dir kommenden fünf Stunden auch kaum ändern soll. Zwischendurch geht es einmal kurz etwa 100 Höhenmeter hinab, nur damit man sie anschließend direkt weder erklimmen darf. Der Wald wird immer lichter, ein Ende scheint jedoch nicht in Sicht.

Nach einer gefühlten Ewigkeit erreiche ich endlich einen kleinen See. Ein Schild weißt drauf hin, dass das heutige Etappenziel nur noch 40 Minuten entfernt ist. 40 weitere Minuten steigenden Weges. Dort erreicht man endlich eine große Wiesenlandschaft, an deren Ende sich, versteckt vor den Klippen der uns umgebenden Berge, eine Hütte versteckt. Rauch steigt bereits aus dem Kamin. Einig paar andere Wanderer machen mich darauf aufmerksam, dass die Hütte heute Nacht nicht bewirtschaftet wird und Einkehr daher umsonst ist. Dir Aussicht, für eine gemütliche Nacht das Zelt nicht auf- und abbauen zu müssen, erhellt mein Gemüt.

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Kurz nach mir erreicht auch ein weiterer Deutscher, mit dem ich einen Teil des Weges zusammen gegangen bin, die Hütte. Er will campen, weswegen auch ich noch einmal kurz mit dem Gedanken spiele, mein Zelt aufzubauen. Faulheit siegt über Outdoorfeeling und ich schlage mein Lager in der Hütte auf.

Neben mir schlafen hier noch etwa 15 weitere Personen. Es fühlt sich wie in einem der klassischen “Wer ist der Mörder?” Romane. Die verschiedensten Charaktere haben sich in der Hütte versammelt. Obwohl, oder weil, alle verschieden sind, beginnen direkt bunte Unterhaltungen. Da ist das Lehrerehepaar mit Sohnemann, die im Alter noch einmal frisch Verliebten, der Einzelgänger kurz nach der midlife crisis, die obligatorischen Backpacker aus verschiedensten Nationen, rationale Deutsche, bohemische Franzosen, wilde Argentinier. Nach dem gemeinsamen Kochen der verschiedenen Gerichte legen wir uns alle schlafen.

Alle über überleben die Nacht und machen sich am kommenden morgen in kleinen Gruppen nacheinander auf den Weg zum Gipfel. Aus dem Wald geht es hinaus in karge und verschneite Berglandschaft. Wieder geht es Ewigkeiten bergauf, ohne dass wir den Gipfel sehen können. Jede Vermutung erweist sich schnell als falsch. Von den Klippen den Berg hinunter können wir mehrere Seen, die stechend türkis leuchten, überblicken. Und endlich auch den Gipfel erkennen. Dort angekommen bleibt nicht viel Zeit, da im Anschluss alles wieder abgestiegen werden muss. Wir passieren ein zweites mal die Hütte, wünschen den letzten Kameraden dort einen schönen Tag und begeben uns auf ins Tal.

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