Zeitreise

Nach den beiden Metropolen, Singapur und Kuala Lumpur, überkommt mich immer mehr das Gefühl, oberflächlich zu reisen. Alles ist so auf Backpacker ausgerichtet, alles fühlt sich unecht an. Mich übermannt das Bedürfnis, ausbrechen zu wollen.

Vieles erinnert mich an meinen damaligen Aufenthalt in Sydney. Diese Massen an Menschen, insbesondere Touristen, und alle jagen sie die selben Highlights. Diesmal stehe ich nicht vorm Opernhaus sondern vor den Petronas Towers, aber das Gefühl ist gleich. Ich will nicht die Spots und Fotos jagen, die jeder sucht. Ich will raus. Und wie damals in Sydney entscheide ich mich spontan, einen Flug ins Nichts zu buchen. Diesmal geht es nach Borneo.

Direkt nach meiner Ankunft fühle ich mich wie in der Zeit zurück versetzt. Wie damals als ich nach Vietnam geflogen bin. Auf Festland Malaysia, auch wenn alle es als touristisch eher ruhig bezeichnen, ist so viel auf die Backpacker ausgerichtet. Borneo macht einen so anderen Eindruck. Ich spazieren vom Flughafen zum Busterminal und die Einheimischen grüßen mich nett. In der Stadt geschieht absolut normales Leben, keiner stürzt sich auf einen und will etwas verkaufen. Es gibt zwar Hostels, aber die sind klein und charmant, der Besitzer kümmert sich noch selbst um das Wohl seiner Gäste.

Um etwas mehr von der Umgebung zu sehen entscheide ich mich, wie auch damals in Vietnam, dazu, ein Motorrad zu mieten. Ich fahre planlos durch die Gegend und erfreue mich am Gefühl der Freiheit. Ich schlängel mich durch den Verkehr der Stadt, fahre zum nächstgelegenen Nationalpark. Das Wetter ist jedoch nicht allzu gut, weswegen ich in der Nähe des Parks Halt mache und mir in einem kleinen Café eine Pause genehmige. Die Jungs die dort sitzen können sich kaum einkriegen. Scheinbar sind Touristen hier noch seltener als ich dachte. Mit Händen und Füßen kommunizieren wir und sie laden mich ein, etwas später zum Fußball spielen zu kommen. Anschließend rennen sie alle jubelnd nach Hause.

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Ich besuche ein zweites mal den Park, entscheide mich aber erneut, dass ein Besuch zwecklos ist. Und die Tanknadel ist auch schon erschreckend weit links. Komme ich überhaupt noch zurück?  Die nächste Tankstelle ist 20 km entfernt.

Auf dem Rückweg passiere ich das Dorf und stoppe am Fußballplatz. Die ersten Jungs ziehen gerade ihre Fusballschuhe an. Ich lege meine Benzinsorgen beiseite und springe in den Tumult auf dem Bolzplatz. Jeder fragt wir ich heiße, alle wollen in mein Team, die ersten Minuten gibt es nur high fives und schreiende Kinder. Irgendwie entstehen zwei Gruppen, die Fluktuation zwischen den Teams ist aber enorm. Ich kann nicht folgen und spiele immer irgendwo. Alle sind begeistert.

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Es wird immer später und das Motorrad muss bald wieder abgeben werden. Und aufgetankt. Solch weltlichen Probleme hatte ich bereits komplett vergessen. Ich frage zwei ältere Wachmänner am Sportplatz, ob es irgendwo möglich ist, Benzin zu kaufen. Sie rufen den Jungs etwas zu und sagen mir lediglich, ich solle ihnen folgen. Eine riesige Meute auf Fahrrädern, Rollern und zu Fuß macht sich auf den Weg durch das Dorf. Ein kleiner Tante Emma Laden verkauft Benzin in Colaflaschen. Ich tanke mein Moped voll, verabschiede mich von allen und düse zurück in Richtung Stadt. Ich atme klare Luft und freue mich über die Einfachheit des Lebens. Bereits am ersten Tag ist es klar; es war die absolut richtige Entscheidung nach Borneo zu auszubrechen.


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Kommentare

Eine Antwort zu „Zeitreise“

  1. Avatar von Ma
    Ma

    Manchmal machen uns die einfachen Dinge am glücklichsten

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